Der typische Globalisierungsgegner sah bislang so aus: schwarz gekleidet, vermummt und ein Molotow-Cocktail in der Hand. Nun zählt auch ein Mann im Weißen Haus dazu, für den Warenaustausch offenbar kein Win-Win- sondern immer nur eine Win-Lose-Geschäft sein kann. Offiziell nennt sich das: „America first“ (was übersetzt so viel bedeutet wie, mein Bankkonto zuerst, aber das nur nebenbei).
Doch die Strafzoll-Ankündigung hat auch einen positiven Effekt. Immerhin zwingt sie uns alle, über das Geschehen um uns herum nachzudenken. Und das ist notwendig, denn unverrückbar erscheinende Errungenschaften (s. Art. 1-19 Grundgesetz) scheinen wieder zur Disposition zu stehen. Wer hätte das vor zwei Jahren gedacht, als noch ein Intellektueller die Geschicke der USA leitete und seine Thronfolgerin bereits auserkoren schien?
Nun stöhnen wir aufgeklärten Weltbürger ob der Ignoranz des „Trumpeltiers“ auf. Doch blickt man auf China, muss man einräumen, dass deren Abschottungsstrategie durchaus ihren Zweck erfüllt hat. Sie ermöglichte den Aufstieg zur Weltmacht, die inzwischen sogar Entscheidungen der Europäischen Union beeinflusst. So verhinderten Ungarn und Griechenland im vergangenen Jahr außenpolitische Erklärungen der EU, die Kritik an Peking enthielten – aus Angst um Investitionen. Und Daimler-Chef Dieter Zetsche kroch kürzlich sogar für ein Dalai-Lama-Zitat in einer Mercedes-Werbung zu Kreuze.
Machen wir uns nichts vor: Der Erfolg unserer (mehr oder weniger) sozialen Marktwirtschaft fußt auf ihrer wirtschaftlichen Überlegenheit. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit sind uns Europäern nicht angeboren – oder volkstümlich ausgedrückt: ist die Wurst auf dem Brot bedroht, ist’s vorbei mit dem Gutmenschentum. Für (die Aussicht auf) materiellen Wohlstand sind viele bereit, anderen ihre Grundrechte vorzuenthalten oder sogar selbst auf sie zu verzichten. Der bislang positiv besetzte Slogan „Wandel durch Handel“ könnte dann eine für Demokraten höchst unerfreuliche Veränderung mit sich bringen.
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