Marionettentheater

In der Lobbyrepublik Deutschland ist das Verkehrsressort besonders umkämpft. Gerade deshalb würde man sich an der Spitze des Ministeriums einen Politiker mit starkem Rückgrat wünschen.

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Bild: Pixabay / tskirde

Immer wieder werden aktuelle Streitfragen an einzelnen Personen festgemacht, die symbolisch für eine bestimmte Position stehen. Momentan hat es ein Lungenarzt aus dem Sauerland zu etwas mehr als 15 Minuten Ruhm gebracht, weil er uns vom Damoklesschwert der Fahrverbote befreien könnte. Denn Einfahrverbote in Gebiete, die auch mit dem ÖPNV erschlossen sind, würden – bei allem, was man liest – unweigerlich zum Untergang des Dieselmotors und damit der deutschen Volkswirtschaft führen. Da vergisst man schnell, dass es auch zahlreiche(re) Stimmen gibt, die die aktuellen Stickoxid-Grenzwerte sehr sinnvoll finden, weil sie auch die Schwächsten in unserer Gesellschaft schützen.

Prof. Köhler ist ein Mann, der aus dem Nichts kam und vermutlich in ein paar Monaten auch wieder dorthin verschwunden sein wird, wenn er seinen Zweck erfüllt hat, nämlich das tagtägliche massenhafte Pendeln mit riesigen, nur mit einer Person besetzen und übermotorisierten Stahlkolossen in die Ballungszentren zu rechtfertigen und so zu tun, als gäbe es keinen anderen Weg dorthin. Eine Nutzung des Automobils bar jeder Vernunft – aber das ist natürlich nur die persönliche Meinung eines ahnungslosen Großstadtbewohners.

Für eine Lichtgestalt wie Andreas Scheuer bedeutet verantwortungsvoller Umgang mit einem Kfz dagegen, mit über 200 km/h über die Autobahn zu brettern. Jeder Versuch, dies zu unterbinden sei gegen jeden Menschenverstand, hat er uns diese Woche wissen lassen und damit der ohnehin schon langen Liste verbaler Flops ein neues Lowlight hinzugefügt. Immer wenn der Niederbayer den Mund aufmacht, sind rund um das Grab von CSU-Übervater Franz-Josef Strauß seismische Wellen auszumachen. Trotzdem bleibt er uns wohl leider noch eine Weile erhalten.

Gefragtes Verkehrsressort

Denn der Minister ist anders als Herr Köhler qua Amt keine temporäre Symbolfigur, sondern ein permanentes Sinnbild für alle zum jeweiligen Ressort gehörenden Sachthemen – im Falle Scheuers also für das Scheitern deutscher Verkehrspolitik. Trotzdem wäre es verfehlt, das Elend nur an ihm aufzuhängen. Denn letztlich ist er, wie seine Vorgänger, nur ein Rädchen in der gut geölten Lobbymaschine Berlin.

Eine neue Übersicht der im Parlament umherschwirrenden Interessenvertreter zeigt, dass gerade sein Ressort sehr begehrt ist. 34 Verbände, die über 55 Hausausweise zum Bundestag verfügen, lassen sich dem Themengebiet „Verkehr und Infrastruktur“ zuordnen. Nur das Ressort „Soziales“ ist noch stärker vertreten. In einer solchen Situation bräuchte es also eine besonders charakterfeste Person mit starkem Rückgrat an der Spitze des zuständigen Ministeriums. Wenn dem Amtsinhaber aber der Opportunismus aus jeder Pore seines Körpers tropft, ist er logischerweise nur ein Spielball der Lobbyisten.

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