Nicht erst seit der Debatte um Stickoxid-Grenzwerte wissen wir: Statistiken sind interpretierbar. Das gilt auch für die Auswertung der Rückrufbilanz 2018 nach Fabrikaten. Die einen werten so eine Liste als Qualitätsindex (hier eine Erläuterung, warum dies nicht zielführend ist), andere als Ausweis eines besonders gut funktionierenden Qualitätsmanagements (der beim Halter aber mitunter ärgerlichen Zeitaufwand verursacht). Wie auch immer: fest steht, dass eine solche Liste spannende Ergebnisse liefert.
Zunächst fällt auf, dass die Fabrikatsauswertung der Rückrufe seit zwei Jahren mit weitem Abstand von der Daimler AG angeführt wird – und zwar sowohl bei Pkw als auch bei Nutzfahrzeugen. Selbst die größten Konkurrenten der Stuttgarter werden einräumen müssen, dass der Stern über mehrere Jahre hinweg nicht so viel mehr Probleme an seinen Produkten haben kann, wie andere Marken. Es muss also auch etwas mit dem Umgang mit Qualitätsmängeln zu tun haben. Der Konzern scheint hier seit 2015 konsequent die Behörden einzubinden. Selbst äußern wollte er sich dazu auf Anfrage nicht.
Zwischen 2009 und 2014 brachte es Mercedes im Schnitt auf vier Pkw- und sieben Lkw-Rückrufaktionen pro Jahr. Seither stieg die Zahl der Aktionen von insgesamt 29 in 2015 auf jeweils 70 in 2017 und 2018. Im Nutzfahrzeug-Ranking wird diese deutliche Führung noch durch die auf dem zweiten Platz liegende Daimler-Tochter Evobus verstärkt, auf die 20 Rückrufe entfielen. Damit betraf fast die Hälfte aller 110 im vergangenen Jahr in der Rückrufdatenbank des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) gelisteten Nutzfahrzeug-Rückrufe den Daimler-Konzern!
Wer hat die meisten Motorradrückrufe?
Die zweite Pkw-Marke der Schwaben blieb dagegen im Fabrikatsranking unauffällig. Smart hat im abgelaufenen Jahr nur einen Rückruf an die Behörden gemeldet. Die unbeliebten Plätze auf dem Podest nahmen 2018 Dodge und VW ein. Bei den Amerikanern finden viele in Übersee gestartete Aktionen auch ihren Weg nach Europa, allerdings oft nur für eine Handvoll (grau) importierter Fahrzeuge. Die Statistik ist also keineswegs ein Indiz dafür, wer hierzulande die meisten Produkte in seine Vertragswerkstätten einbestellt hat. Denn anders als die US-Verkehrssicherheitsbehörde liefert das KBA leider keine Stückzahlangaben in seiner Datenbank.
In der Krad-Auswertung ist das Feld dichter beisammen als bei den anderen Fahrzeugtypen. Hier führen Ducati und Yamaha die Statistik an. Die rote Laterne erhielt man allerdings bereits mit fünf Aktionen, was jeweils nur ein Zehntel aller Krad-Rückrufe ausmacht. Es folgen Honda, Polaris und Suzuki mit je vier Rückrufen. Mit Polaris ist damit auch ein Hersteller so genannter All Terrain Vehicles (ATV) in den Top 5 vertreten. In diesem Ranking sind also nicht nur Zweiräder enthalten.
Mehr zur in Kooperation mit der GEPA mbH erstellten Bilanz der einzelnen Fahrzeugtypen finden Sie im ersten Teil der Rückrufstatistik 2018. Im zweiten Teil ging es um die Baugruppen.
Anmerkung: Hersteller verwenden für Rückrufaktionen gerne freundlicher klingende Bezeichnungen. Maßgeblich für oben stehende Bilanz sind aber die durch das KBA in seiner Datenbank vergebenen Referenznummern – unabhängig davon, wie hoch die dahinter stehende Sicherheitsgefahr tatsächlich ist. Es ist außerdem durchaus möglich, dass ein Problem mit mehreren Referenznummern Eintrag findet, z.B. wenn die Problembehebung zeitlich versetzt stattfindet. Extrembeispiel hierfür sind die von der Behörde registrierten Rückrufe im Rahmen des Abgasskandals, denen bis dato markenübergreifend mehr als 100 unterschiedliche Referenznummern zugewiesen wurden.
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