Als Asterix-Leser hätte man eigentlich schon frühzeitig wissen müssen, was soziale Medien mit uns anrichten werden. Im Netz sind so viele Destructivusse und Lügfixe unterwegs, dass uns selbst Ereignisse wie ein Kirchenbrand inzwischen als zerstrittenen Haufen zurücklassen. Ich klinke mich während solcher Begebenheiten mit globaler Aufmerksam lieber aus. Erst danach lese ich Zusammenfassungen der Web-Kakophonie und freue mich, meine Nerven geschont zu haben.
Trotzdem bleibe auch ich ein Opfer des „Whataboutismus“ und frage mich, was die Motive der großzügigen Spender für den Wiederaufbau von Notre Dame sein könnten. Den eigentlich für solche Aufgaben vorgesehenen Finanziers (Versicherungen, französischer Staat, katholische Kirche) traue ich es jedenfalls zu, solvent genug für diese Aufgabe zu sein. Ein Rückgriff auf Milliardäre bräuchte es somit gar nicht.
Meint man es gut mit den vermeintlichen Philanthropen, so könnte man ihnen zugutehalten, dass sie den (Kirchen-)Steuerzahler entlasten und obendrein vor Ort sicherstellen können, dass jeder Cent ihres Spendengelds zweckgebunden eingesetzt wird. Das wäre bei vielen anderen Projekten, die ihnen nun im Netz als bessere Option nahe gelegt werden, nicht der Fall. Bei böser Gesinnung verdächtigt man die Spender, sich öffentlichkeitswirksam von ihren Sünden freikaufen zu wollen. Und der Ablasshandel brachte schon Martin Luther auf die Palme – ganz ohne Internet.
Auch die Gallier brauchten keinen Breitbandanschluss in ihrem Dorf, um sich gegenseitig zu beschimpfen. Doch die konnten immerhin die Trolle rausschmeißen, damit am Schluss des Asterix-Hefts wieder ein gemeinsames Festbankett möglich wurde. Das ist heute etwas schwieriger. Daher bestelle ich jetzt bei Amazon 95 neue Thesen zur Kommunikation in sozialen Netzwerken und maile sie einem Pariser Uber-Fahrer, damit dieser sie an die Kathedrale nagelt. Danach haben sich bestimmt wieder alle lieb – oder etwa nicht???
Be the first to comment