Gericht verlangt Opel-Dieselrückruf

Auch vor dem Oberverwaltungsgericht scheitert der Hersteller mit seiner Beschwerde gegen das KBA. Die Anordnung ist damit sofort vollziehbar – auch wenn noch nicht endgültig juristisch festgestellt wurde, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet wurde.

Aufnahme des Eingangsbereichs des Opel-Hauptgebäudes in Rüsselsheim
Bild: Opel Automobile GmbH

Auch das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat eine Beschwerde von Opel gegen einen durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) angeordneten Zwangsrückruf abgelehnt. Das OVG entschied gestern, dass verschiedene Modelle der Marke „umgehend zurückzurufen sind, um die Software zur Steuerung der Abschalteinrichtungen umzurüsten“ (OVG-Az.: 5 MB 3/19). Anders als bei der Entscheidung vor einem Jahr durch die Vorinstanz ist der Beschluss unanfechtbar, wie es in der heutigen Gerichtsmitteilung hieß.

Entschieden wurde über den Opel-Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Ob der Hersteller tatsächlich eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet hat, ist dem Schiedsspruch also wie schon 2018 nicht zu entnehmen. Das OVG betonte, dass hierfür Gutachten von Sachverständigen einzuholen und rechtliche Fragen zu klären seien – unter Umständen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dies müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Die offene Rechtslage gehe aber zulasten von Opel. Das öffentliche Interesse am Schutz von Gesundheit und Umwelt überwiege den drohenden Reputationsschaden des Herstellers. Das Software-Update reduziere die Stickoxid-Emissionen der verbliebenen Fahrzeuge auf jeden Fall erheblich. „Die Anordnung des Rückrufs ist damit sofort vollziehbar“, urteilte das Gericht. Betroffen sind die Fahrzeugmodelle Zafira 1.6 und 2.0 CDTi, Cascada 2.0 CDTi und Insignia 2.0 CDTi. Sie liefen zwischen 2013 und 2016 vom Band.

Opel kündigt weitere rechtliche Schritte an

Das KBA hatte seine Entscheidung vom Oktober 2018 mit unzulässigen Thermofenstern begründet. Schon bei Außentemperaturen unter 17 Grad Celsius sei die Abgasreinigung bei den genannten Modellen weniger wirksam. Opel rechtfertigte sein Vorgehen mit dem Schutz von Bauteilen im Motor, startete aber auch einen freiwilligen Rückruf. Diese Umrüstungsaktion hielt die Behörde jedoch für nicht ausreichend.

„Wir können die Entscheidung des Gerichts nicht nachvollziehen“, kommentierte ein Opel-Sprecher den OVG-Spruch. Man werde weitere rechtliche Schritte gegen die Rückrufanordnung des KBA einleiten. Gleichzeitig laufe die Maßnahme für die Modelle mit Emissionsstufe Euro 6 und SCR-Technologie weiter, „nun lediglich auf einer verpflichtenden Basis“. In Deutschland haben seinen Worten zufolge bereits mehr als 90 Prozent der betroffenen Fahrzeuge das Update erhalten. Insgesamt seien noch rund 2.100 Fahrzeuge offen.

Nachtrag 28.1.2020:

Inzwischen hat das KBA einen neuen Eintrag in seiner Rückruf-Datenbank veröffentlicht, wonach in Deutschland 8.428 Exemplare des Opel Zafira 1.6, Zafira 2.0, Cascada 2.0 und Insignia 2.0 (alle Euro 6) über eine „unzulässige Abschalteinrichtungen im Emissionskontrollsystem“ verfügen. Der entsprechende Aktionscode für das Softwareupdate lautet „E152025000 (17-R-021)“.

Nachtrag 8.2.2021:

Das Thema ist nach wie vor nicht abgeschlossen. „Das verwaltungsgerichtliche Hauptsacheverfahren läuft. Über die Dauer des Verfahrens können wir keine Aussage treffen“, erklärte ein Opel-Sprecher auf Anfrage. Anlass für die Anfrage war ein neuer Rückruf wegen möglicherweise überhöhte Emissionswerte beim Transporter Vivaro. Dieser wird vom KBA diesmal allerdings nicht überwacht.

Nachtrag 21.2.2022:

Das KBA hat eine weitere Rückrufaktion wegen einer „unzulässigen Abschalteinrichtung bzw. unzulässigen Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems“ angekündigt. Sie ist für weltweit 400.000 Einheiten der Baureihen Astra, Corsa und Insignia mit 1,3- und 1,6-Liter-Dieselmotor (Euro 6) vorgesehen, davon 74.500 in Deutschland. Die behördlich überwachte Maßnahme „E222115640 (22-C-013)“ betrifft Fahrzeuge der Baujahre 2013 bis 2018.

Nachtrag 28.2.:

Anbei noch das Hersteller-Statement zu der neuen KBA-Meldung:

„Opel setzt weiter die bereits im Mai 2021 angekündigte freiwillige Service-Aktion für ältere Diesel-Fahrzeuge mit LNT-Technologie um. Mit dem vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) freigegebenen Software-Update wird das Emissionsverhalten dieser Fahrzeuge verbessert. Wie bereits kommuniziert, umfasst diese Maßnahme verschiedene Dieselmotor-Varianten der Vorgängermodelle von Astra, Corsa und Insignia (Modelljahre 2014 – 2018). Stand Dezember 2021 hatten bereits rund 19.000 von insgesamt rund 100.000 Fahrzeugen in Deutschland das Softwareupdate erhalten. Derzeit produzierte Fahrzeuge sind nicht betroffen.

In diesem Zusammenhang hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) Opel am 2. Dezember 2021 aufgefordert, die noch verbleibenden Fahrzeuge in Deutschland zurückzurufen. Aufgrund der Rückrufanordnung setzt Opel die freiwillige Service-Aktion nunmehr als verpflichtende Maßnahme um, ohne dass sich am Inhalt der Service-Aktion (des Software-Updates) etwas ändert. Da Opel jedoch davon überzeugt ist, dass die betroffenen Modelle und Motoren alle geltenden gesetzlichen Anforderungen erfüllen, geht Opel rechtlich gegen den verpflichtenden Charakter der Rückrufanordnung vor.“

Nachtrag 30.5.2023:

Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgerichts hat am 23.5. entschieden, dass die vom KBA angeordnete Verpflichtung zur Umrüstung von vier Fahrzeugmodellen mit einem Software-Update rechtmäßig ist (Az. 3 A 3/20). Betroffen sind vor dem Jahr 2017 produzierte Opel Zafira 1.6 CDTi, Opel Zafira 2.0 CDTi, Opel Cascada 2.0 CDTi und Opel Insignia 2.0 CDTi (Euro 6b).

In diesen Fahrzeugmodellen seien u.a. aufgrund der Verwendung sog. Thermofenster bei der Abgasrückführung und der Steuerung des SCR-Katalysators unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Az. C-873/19 u.a.) darf eine Abschalteinrichtung nur ausnahmsweise zugelassen werden, wenn sie zur Vermeidung einer schweren Gefahr für den Motor und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs notwendig ist. Diese Voraussetzungen sah das Gericht vorliegend nicht als erfüllt an.

Die ausformulierten Urteilsgründe liegen derzeit noch nicht vor. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Berufung zum Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht sowie die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

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