Alle Jahre wieder

Die alljährliche Staustatistik bringt mich immer wieder auf die Palme. Mein Ärger ist aber ein anderer als jener der "Freie Fahrt für freie Bürger"-Fraktion.

verkehrsschild verkehrszeichen stauschwerpunkt
Bild: Pixabay / CopyrightFreePictures

Jedes Jahr um diese Zeit gerät mein Blut in Wallung. Dann lese ich mal wieder die Schlagzeile, dass meine Heimat „Stauhauptstadt“ in Deutschland ist. Ein sonst niemals in den Medien auftauchendes Unternehmen präsentiert uns alljährlich eine Statistik, welche die Vergeudung wertvoller Lebenszeit unschuldiger Autofahrer anprangert. Vergleichsmaßstab ist dabei die Zeit, die sie für ihren Weg gebraucht hätten, wenn die Straße frei gewesen wäre.

Keine Rolle spielt in der Untersuchung dagegen der ÖPNV. Die Frage, wie viele der Staustunden vermeidbar wären, wenn insbesondere Pendler mit ihren Autos vor den Stadtgrenzen zu einem Park-and-Ride-Stellplatz abbögen, um in ein öffentliches Verkehrsmittel umzusteigen, bleibt so unbeantwortet. Gerade für uns Münchner wäre das aber eine sehr interessante Statistik.

Denn das Netz aus U-Bahn, Tram und Bus ist hier relativ gut ausgebaut. Ich behaupte nicht, dass die Nutzung immer ein Vergnügen ist, aber besser als der tägliche Stau ist sie allemal. Und der ist beim Festhalten am Prinzip „ein Pendler, ein Auto“ tatsächlich unvermeidbar, daran hat auch der inzwischen nahezu kreuzungsfreie Ausbau des innerstädtischen Zubringers „Mittlerer Ring“ nichts geändert.

PS-Ideologen beklagen ideologische Verkehrspolitik

Der Leidensdruck ist aber scheinbar immer noch nicht groß genug – zumindest nicht bei jenen die täglich von auswärts in die Großstädte drängen. Aber bei jenen, die in diesen Ballungsräumen leben, setzt langsam ein Umdenken ein. Ich wage noch nicht zu hoffen, dass ein Volksbegehren wie das in Berlin schon erfolgreich sein könnte. Dafür ist die Zeit wohl erst dann reif, wenn die Digital Natives das Ruder von den Baby Boomern übernehmen.

Der Generation Internet sind Technik-Gadgets in der Regel wichtiger als hubraumstarke Motoren. Und dieser emotionslose Blick auf das Kraftfahrzeug ist Voraussetzung jeder vernunftgeleiteten Verkehrspolitik. Die nimmt sich eine Neuaufteilung des knappen öffentlichen Raums vor, was wiederum PS-Ideologen gerne als „ideologisch“ bezeichnen. Man darf daher gespannt sein, wie groß die Akzeptanz eines solchen Mehrheitswillens bei dem einen oder anderen (Christ-)Demokraten ausfällt, wenn sein Statussymbol tatsächlich mal ausgesperrt werden sollte. Ich fürchte, sie werden ähnlich verständnisvoll reagieren, wie diese sympathischen Zeitgenossen.

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