„Ein Hersteller darf keine Abschalteinrichtung einbauen, die bei Zulassungsverfahren systematisch die Leistung des Systems zur Kontrolle der Emissionen von Fahrzeugen verbessert, um ihre Zulassung zu erreichen. Die Tatsache, dass eine solche Abschalteinrichtung dazu beiträgt, den Verschleiß oder die Verschmutzung des Motors zu verhindern, kann ihr Vorhandensein nicht rechtfertigen.“ So lauten die beiden Leitsätze einer heute veröffentlichten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH-Az.: C-693/18) zu VW-Modellen.
Verschiedene Anwaltskanzleien frohlocken nun, dass die EuGH-Entscheidung eine „Rückrufwelle“ und weitere Schadensersatzzahlungen in Milliardenhöhe auslösen werde. Ich bin da etwas zurückhaltender. Entscheidend ist für mich das Wort „solche“ im Leitsatz. Die Gefahr von Motorschäden wurde nicht grundsätzlich als Legitimation untersagt, sondern nur bei betrügerischen Abschalteinrichtungen. Und die niederen Absichten beim Einbau solcher Vorrichtungen haben alle Hersteller natürlich bestritten.
Letztlich hat der EuGH also nur eine Selbstverständlichkeit festgestellt und ein paar Wortklaubereien zu den Begriffen „Emissionskontrollsystem“ und „Konstruktionsteil“ beseitigt. Man wundert sich, dass dies über zwei Jahre gedauert hat. Ein französisches Gericht hatte sich bereits im Oktober 2018 mit seinem Vorabentscheidungsersuchen an das oberste Gericht in der EU gewandt.
Spannend ist die Reaktion der Judikative. Werden die unterschiedlichen „Thermofenster“ nun wirklich neu bewertet? Ist eine nur bei sommerlichen Temperaturen funktionierende Abgasreinigung automatisch ein Beweis für eine illegale Abschalteinrichtung? Die Entscheidung darüber überlässt das EuGH zunächst wieder nationalen Gerichten. Und gut bezahlte Anwaltsheere auf Seiten der Autobauer werden alles dafür tun, diese Fragen zu verneinen. Damit ist nur eines klar: die Akte „Dieselgate“ ist längst noch nicht geschlossen.
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