Schon die mögliche Kenntnis eines Gebrauchtwagenverkäufers von einem Sachmangel kann ausreichen, um den Gewährleistungsausschluss in einem Kaufvertrag auszuhebeln. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts München vom vergangenen Mai hervor (OLG-Az.: 20 U 4346/18). Die beiden Vertragsparteien stritten über eine Motorundichtigkeit in einem VW Jetta. Zu diesem Fahrzeug lagen zwei unterschiedliche Prüfberichte nach einer Hauptuntersuchung (HU) vor.
Unmittelbar vor Abschluss des Kaufvertrags bestand das Fahrzeug die HU beim TÜV Süd nicht. Der Prüfbericht wies u.a. „Ölverlust mit Abtropfen“ aus. Einige Tage später erhielt das Fahrzeug nach einigen Reparaturen in einer Kfz-Werkstatt – allerdings nicht im Hinblick auf eine mögliche Undichtigkeit des Motors – bei der Nachprüfung durch einen KÜS-Prüfer die Prüfplakette und wurde an den Käufer übergeben. Zwei Wochen später machte der eine Undichtigkeit geltend und verlangte Nachbesserung, was der Verkäufer unter Verweis auf den Gewährleistungsausschluss verweigerte. Daraufhin trat der Käufer vom Vertrag zurück.
Zu Recht, wie die Richter entschieden. Sie gingen von einem arglistigen Verschweigen eines Sachmangels aus, der bereits bei Fahrzeugübergabe vorgelegen habe. „Dass der TÜV-Prüfer keine genauen Feststellungen dazu getroffen hat, worauf der Mangel zurückzuführen ist bzw. wie dieser zu beheben ist, ändert nichts daran, dass er einen Mangel festgestellt hat“, heißt es im Leitsatz des Urteils. Die später erfolgte Erteilung der HU-Plakette sei dagegen nicht mit der Mangelfreiheit des Fahrzeugs gleichzusetzen.
Vergesslichkeit der Zeugen hilft Beklagtem nicht
Ein Sachverständiger hatte die Erklärung des Beklagten für die Diagnose bei der ersten HU – Verschütten von Motoröl beim unmittelbar vor der Prüfung durchgeführten Nachfüllen – als möglichen Grund ausgeschlossen. Er kam vielmehr nach einer Probefahrt mit dem VW Jetta zu dem Ergebnis, dass im Bereich des hinteren Dichtrings der Kurbelwelle eine Undichtigkeit am Motor vorlag. Dieses Problem habe bereits bei Fahrzeugübergabe vorliegen müssen, da der Kläger nach Fahrzeugkauf nur 1.500 km mit dem Auto zurückgelegt habe und für den Verschleiß von Wellendichtringen eine Laufleistung von mehreren tausend Kilometern nötig sei.
Weitere Argumente für sein Urteil sah das OLG in der Zeugenaussage des Prüfers, der im Zuge der Nachprüfung die HU-Plakette erteilte. Er sagte aus, dass seine Nicht-Feststellung eines Ölverlusts durch eine Motorwäsche verursacht worden sein könnte. Zudem hatte der Kfz-Mechaniker, in dessen Obhut das Fahrzeug unmittelbar vor der Nachprüfung war, entgegen den Ausführungen des Beklagten nicht bestätigt, dass er den Motor auf Undichtigkeit überprüft hat. Er konnte sich, wie auch der Prüfer, nicht mehr an das Fahrzeug erinnern. Da auf der vorliegenden Rechnung keine Undichtigkeitsprüfung aufgeführt gewesen sei, ging er aber davon aus, dass ein entsprechender Auftrag nicht vorgelegen habe.
„Positive Kenntnis“ nicht notwendig
Laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann ein Verkäufer bereits arglistig im Sinne des § 444 BGB handeln, wenn er einen Sachmangel mindestens für möglich hält und damit rechnet, dass der Vertragsgegner den Sachmangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. „Entgegen der Auffassung der Beklagten ist folglich nicht erforderlich, dass der Verkäufer den Mangel und dessen Ursache positiv kennt“, heißt es im Urteil. Er musste dem Käufer daher fast den vollständigen Kaufpreis von 6.200 Euro erstatten und das Fahrzeug zurücknehmen.
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