Mit dem „Fingerpointing“ ist es so eine Sache. Man verwendet es, um von eigenen Verfehlungen abzulenken. „Die anderen Länder/Firmen/Industriezweige/etc. sind auch nicht besser“, ist z.B. ein gern genommenes Totschlagargument, um zusätzliche Anstrengungen beim Klimaschutz abzuwenden. Bei Kindern reagieren Eltern auf diese Form der Rechtfertigung gerne mit dieser Frage: „Und wenn der andere aus dem Fenster springt, springst Du hinterher?“
Sie merken, ich bin kein Fan dieser Form der Diskussionsführung. Trotzdem möchte ich heute mal auf den Schiffsverkehr hinweisen. Es gibt in diesem Verkehrssektor nämlich weltweit und europaweit keine einheitlichen Regelungen zur Emissionsbegrenzung. Es existieren nur einige wenige so genannte ECAs – Feigenblätter auf der Weltkarte. Wie kann es sein, dass ein Verkehrsbereich, der etwa 15 Prozent der globalen Stickoxidemissionen und 13 Prozent der Schwefeldioxidemissionen zu verantworten hat, in den Debatten beispielsweise um Fahrverbote nicht vorkommt?
Mag sein, dass die Binnenschifffahrt mit ihrer Umweltbilanz besser abschneidet als Lkw und Schiffsverkehr auf hoher See. Wir kämen vermutlich auch schnell auf unseren eigenen Lebensstil zu sprechen, z.B. auf die Frage, ob wir tatsächlich bereit sind, steigende Transportkosten zu bezahlen (laut NABU wäre dies für wenige Cent pro Artikel möglich). Zudem könnte uns die Diskussion die schönsten Wochen des Jahres vermiesen, denn Kreuzfahrten erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Trotzdem: Das Ausklammern einzelner Bereiche aus Diskussionen ist höchst unerfreulich. Es nährt den Verdacht, dass sich bestimmte Gruppen aus der Verantwortung stehlen – und liefert so Nahrung für diejenigen, die dies auch wollen.
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