Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat für die Bundesrepublik Deutschland nur eine milde Strafe nach sich gezogen. Für Daimler hat der Kältemittel-Streit aber noch teure Spätfolgen. Der Hersteller bereitet aktuell die Umrüstung von knapp 128.000 Fahrzeugen von der Chemikalie R134a auf das umweltfreundlichere R1234yf vor. „Der Rückruf erfolgt aufgrund einer Vereinbarung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), um die Übereinstimmung mit der gültigen Typgenehmigung für die betroffenen Fahrzeuge herzustellen“, heißt es in einem uns vorliegenden Dokument des Herstellers. Ein Konzernsprecher wollte die anstehende Aktion auf Anfrage nicht bestätigen.
Betroffen sind laut dem Schreiben die A- und B-Klasse, sowie der CLA und SL (Baureihen 176, 246, 117 und 231). Sie stammen aus dem Bauzeitraum 26. November 2012 bis 24. Oktober 2013. Daimler hatte die Weiterverwendung des eigentlich schon verbotenen R134a in den Klimaanlagen der Fahrzeuge mit Sicherheitsbedenken begründet und dies auch im Oktober 2012 mit einem Rückruf untermauert. Bis heute ist die Aktion für die B-Klasse und den SL in der KBA-Datenbank unter der Referenznummer „3886“ auffindbar. Damals wurde also R1234yf entnommen und R134a eingefüllt. Nun fordert das KBA eine Umrüstung genau in die andere Richtung.
Ob es zu einem schlichten Austausch der Chemikalien kommt oder zu einer aufwändigeren Reparatur, ist bislang unklar. Eine im Oktober ausgesprochene Gewinnwarnung spricht dafür, dass Daimler für diesen Rückruf viel Geld in die Hand nimmt. Die begründete der Konzern nämlich u.a. mit der notwendigen Risikovorsorge „aus Anlass einer aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für eine möglicherweise erforderliche Umrüstung bestimmter Fahrzeuge […], die noch mit dem früher verwendeten Kältemittel R134a ausgestattet sind.“
Würde der Hersteller den nun zurückgerufenen Fahrzeugen dieselbe Sicherheitseinrichtung gönnen wie den Mercedes-Modellen, die inzwischen ab Werk mit dem in Stuttgart unbeliebten R1234yf befüllt sind, müsste er auch hier eine Art Feuerlöscher einbauen. Das System arbeitet mit dem Schutzgas Argon und soll bei einem Unfall die Entzündung des Kältemittels verhindern. Bei weiteren 660.000 Mercedes-Modellen der Baujahre 2013 bis 2016 stellt sich die Frage nicht. Die Richter segneten hier die Nutzung von R134a nachträglich ab, weil Daimler eine andere Typgenehmigung für die Fahrzeuge verwendet hatte.
Nachtrag 2.7.2019:
Inzwischen liegt zu dem Kältemittel-Tausch ein Eintrag in der Rückruf-Datenbank des KBA vor. Die Aktion mit dem Hersteller-Code „8399001“ ist demnach in Deutschland für 2.275 Exemplare der A- und B-Klasse vorgesehen.
Nachtrag 5.11.2019:
Es liegen weitere neue KBA-Einträge vor. Einer listet 11.727 Fahrzeuge der Baureihen 117, 176, 246 mit Dieselmotor OM651 auf. Die Aktionscodes lauten hier „8399001“ und „8399006“. Die Aktionen „8399003“ und „8399008“ betreffen 18.205 Fahrzeuge der Baureihen 117, 176, 246 mit dem Motor M270 und der Baureihe 176 mit der Motorkennung M133. Bei letzterer ist offenbar auch ein Tausch des Airbagsteuergerätes vorgesehen. Zwei Rückrufe für 325 bzw. 348 Mercedes SL laufen unter den Codes „8399004“ und „8399005“; einer für 11.594 Exemplare des CLA und der A-Klasse unter dem Code „8399002“. Alle Autos liefen im Jahr 2013 vom Band. Fragen beantwortet die Hotline des Herstellers unter 00800/12777777.
Nachtrag 12.8.2020:
Laut KBA steht in weiteren 117 Exemplaren der A-KLasse und des CLA ein „Austausch des nicht vorschriftenkonformen Kältemittels“ an. Der Aktionscode für die 2019 gebauten Fahrzeuge lautet „8399010“.
Be the first to comment