„Opposition ist Mist“, sagte der einstige SPD-Chef Franz Müntefering im Jahre 2004 und gab die bis heute gültige Richtung für seine Partei vor: Regierungsbeteiligung um jeden Preis. Und wie hoch der Preis inzwischen ist, lässt sich diese Woche wieder am Streit um den Verfassungsschutzpräsidenten beobachten. Es gehört inzwischen zum regelmäßigen Ritual der Großen Koalition, dem Wahlvolk draußen zu zeigen, wie sehr man sich in Wahrheit hasst.
Man kann es nur als offene Wahlkampfhilfe für die politischen Ränder bezeichnen, Akteure für ihre Verfehlungen auch noch zu belohnen. Nicht nur der abgehalfterte Innenminister tat sich hier diese Woche mit dem „Rauswurf nach oben“ hervor, auch der Verkehrsminister fand wieder Gelegenheit, sich für die Zeit nach der Politkarriere um einen hohen Posten in der Automobilindustrie zu bewerben. Zum wiederholten Male kündigte er an, dass der verstärkte Absatz von Neuwagen drohende Fahrverbote verhindern soll.
Doch nun scheint selbst der sonst schmerzfreien Kanzlerin der Geduldsfaden zu reißen. Wie heute zu lesen ist, soll sie den auf dem Seehofer’schen Pfad der Unbelehrbarkeit wandelnden Andreas Scheuer nun gezwungen haben, ein Konzept für Hardware-Nachrüstungen auszuarbeiten. Kein Wunder: Schließlich hatte das Verkehrsministerium selbst indirekt zugegeben, dass Softwareupdates keinen wirklichen Beitrag zur Reduzierung der Schadstoffwerte in den Städten leisten.
Zudem musste Merkel wohl verhindern, dass die SPD das tut, was schon lange fällig wäre: Das Müntefering-Mantra in Schulz-Manier auf den „Misthaufen der Geschichte“ zu werfen! Oder um es mit Willy Brandt zu sagen: Hier driftet auseinander, was nie zusammengehört hat.
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