Tesla wehrt sich gegen Vorwürfe, unsichere Fahrzeuge zu verkaufen. Eine vergangene Woche von der US-Verkehrssicherheitsbehörde (NHTSA) veröffentlichte Kundenbeschwerde sei „völlig falsch und wurde von einem Tesla-Leerverkäufer eingereicht“, teilte der kalifornische Elektroautohersteller am Montag auf seinem Unternehmensblog mit. Die angesprochene „Defect Petition“ verweist auf eine vermeintliche Häufung von Fällen plötzlicher und unbeabsichtigter Beschleunigung von Tesla Fahrzeugen der Baureihen Model 3 (Foto), S und X. So gebe es Berichte über insgesamt 110 Unfälle mit 52 Verletzten.
Die Beamten der NHTSA sind verpflichtet, solchen Eingaben von Bürgern zu vermeintlich sicherheitsrelevanten Problemen an Fahrzeugen nachzugehen. Ihre Entscheidung für oder gegen eine weitere Untersuchung müssen sie anschließend schriftlich begründen. Tesla entgegnete in seiner Mitteilung, man habe die Mehrzahl dieser Fälle bereits gemeinsam mit der Behörde begutachtet. Bei allen Checks hätten die Daten bewiesen, dass das Fahrzeug ordnungsgemäß funktioniert habe. „Jedes System arbeitet unabhängig und zeichnet Daten auf, so dass wir genau untersuchen können, was passiert ist“, erklärte der Hersteller.
Offenbar seien die Unfälle durch Verwechslung des Gas- mit dem Bremspedal ausgelöst worden, heißt es in Teslas Statement weiter. „Das Auto beschleunigt nur, wenn der Fahrer es ihm befohlen hat, und es verlangsamt oder hält an, wenn der Fahrer die Bremse betätigt“, betonte das Unternehmen. Selbst bei gleichzeitiger Nutzung beider Pedale werde die Eingabe des Gaspedals außer Kraft gesetzt und das Motordrehmoment abgeschaltet. Die Vorwürfe seien nicht neu. „Fast alle Fahrzeugmarken und -modelle auf der Straße“ seien ihnen bereits ausgesetzt gewesen.
In der Tat ging einer der spektakulärsten Rückruffälle auf diesen Vorwurf zurück. Zwischen 2007 und 2010 holte Toyota in den USA auf Behördendruck über sieben Millionen Fahrzeuge wegen vermeintlich klemmender Gaspedale in die Werkstatt. Damals musste sogar Akio Toyoda, Firmenchef und Enkelsohn des Firmengründers, vor einem parlamentarischen Untersuchungssausschuss in Washington zu Kreuze kriechen. Dass eine spätere Untersuchung von NHTSA und NASA die Japaner weitgehend entlastete, bekam kaum mehr jemand mit. Dies könnte erklären, warum Elon Musks Unternehmen in seiner Veröffentlichung mit deutlichen Worten die Flucht nach vorne antritt.
Beschwerdeführer: „Tesla ist sich des Problems bewusst“
Der Beschwerdeführer, ein gewisser Brian Sparks aus Berkeley, bestreitet in seinen umfassenden Ausführungen nicht, dass es für alle Fahrzeuge so genannte „SUA-Beschwerden“ („Sudden Unintended Acceleration“) gibt. Doch bei Tesla-Modellen seien diese signifikant höher als bei anderen Fabrikaten. Zudem widersprechen sich laut Sparks die aufgezeichneten Daten mit den Unfallberichten. So sei in einem Fall das Fahrzeug nachweislich nach links ausgebrochen, obwohl ein Lenkeinschlag nach rechts gespeichert worden sei.
Tesla weigere sich weiterhin in vielen Fällen, Daten mit den Besitzern der betreffenden Fahrzeuge zu teilen. Damit ist für Sparks klar, dass Tesla „sich des Problems bewusst ist“, aber nichts dagegen unternimmt. Die NHTSA müsse daher einen Rückruf für ca. 500.000 Fahrzeuge in den USA anordnen. Gegenüber dem Börsensender „CNBC“ räumte Sparks Leerverkäufe von Tesla-Aktien ein. Er habe seine Wetten aber abgesichert und in der Vergangenheit auch lange Tesla-Aktien gehalten.
Nachtrag 11.1.2021:
Rückrufforderung abgelehnt
Die NHTSA hat die Petition „nach umfassender Prüfung der […] vorgelegten Informationen und der potenziellen Sicherheitsrisiken“ abgelehnt. Dies gab die Behörde am 8. Januar bekannt. Es habe keine Beweise für einen Fehler in der Pedalbaugruppe, sowie den Motorsteuerungs- oder Bremssystemen gegeben. Vielmehr seien alle vom Petenten genannte Unfälle durch eine falsche Pedalbetätigung verursacht worden. Die vorgelegte Theorie zur Ursache der ungewollten Beschleunigung in den betroffenen Tesla-Fahrzeugen basiere „auf falschen Ereignisdaten, falschen Rekonstruktionen der Ereignisdynamik und falschen Annahmen bezüglich der Fahrzeugkonstruktion“, heißt es im Abschlussbericht zu der „Defect Petition“.
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