Seit ich ihr in meiner Studienzeit das erste Mal begegnet bin, bezeichne ich mich als treuer Anhänger der Theorie der kognitiven Dissonanz. Meine Meinung: Leon Festinger erklärt uns die Welt. Beinahe täglich lassen sich Belege dafür finden, gestern wieder besonders eindrucksvoll. Da berichtete der ZDF-Wissenschaftler Harald Lesch im Bayerischen Fernsehen über die Reaktionen auf seine Vorträge – sowohl tagesaktuelle („so viel Schnee trotz Klimawandel?“) als auch immer wiederkehrende („die Erde ist eine Scheibe“).
Seine Kritiker charakterisierte er im Interview als tendenziell „ältere Männer des Ingenieurwesens“, die sich offenbar um ihre Lebensleistung betrogen fühlen und diesen Umstand nun mit Faktenresistenz beantworten. Vielleicht tröstet es die zornigen Herren ja, dass sie nicht alleine sind.
Wir alle müssen unser Konsumverhalten täglich schönreden, wie die gleiche Sendung in einem Bericht über eine (aus Sicht der Lesch-Kritiker „grün-versifften“) Regensburger Familie zeigte. Die versucht sich verzweifelt an einem ökologischen Lebensstil, ist damit aber nur mäßig erfolgreich. Zwar ist ihr CO2-Fußabdruck nur halb so groß wie der eines Durchschnittsdeutschen, aber trotzdem dreimal so groß wie er bei einer Weltbevölkerung von bald acht Milliarden Menschen sein dürfte.
Eine Lösung für diesen Umstand hatte auch Lesch, der ja selbst einräumt „Spaßbremse“ zu sein, nicht parat. Denn nur ein radikaler Wandel unseres Lebensstils würde Erfolg versprechen. Einen gesellschaftlichen Konsens darüber zu erzielen ist aber ungefähr so wahrscheinlich, wie der Weihnachtsurlaub einer Grünen-Spitzenpolitikerin in Kalifornien klimaneutral ist. Dafür sind wir alle halt doch zu sehr triebgesteuerte Säugetiere. Und mit diesem Fazit habe ich ganz nebenbei wieder Festingers Theorie, wonach sich Einstellungen leichter ändern lassen als das Verhalten, am eigenen Leib bestätigt!
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